Rede von Gen. a.D. F. Obleser

Rede von General a. D. Friedrich O b l e s e r anlässlich der Übergabe der Me 109 G-4, Nesthäkchen, der TG – JG 52 an das Technik Museum Speyer, am  25.Juli 2001 in Speyer

Sehr verehrte Damen, meine Herren, werte Freunde,

ich sehe hier so viele bekannte Gesichter und ich bin sicher, dass Sie sich genau so freuen wie ich, dass wir hier jetzt eine Me 109 haben und den anderen, die immer von der 109 hören, zeigen können für was Sie ausgestellt ist.

Nun glaube ich schon, dass es den einen oder anderen hier gibt, vielleicht die Damen, die fragen: „Was ist denn so besonders an dem Ding ?“ „Blech,  – ein Motor, – es stinkt und macht Lärm. Was haben unsere Männer eigentlich an diesem Ding gehabt?“ Ich muss Ihnen nun sagen, ich habe auch nach-gedacht. Was haben wir denn gehabt an der Sache ?

Dass wir geträumt haben, nicht immer schön. Und ich kann Ihnen sagen, ich glaube es ist relativ einfach: Dieses Flugzeug, dass ja ein Kampfinstrument gewesen ist, neben der Tatsache, dass Sie uns zumindest über lange Zeit Erfolg gebracht hat, ist einfach schön.

Es ist eine Diva ! Mit allen Vorteilen welche die Schönheit mit sich bringt, aber auch Ihren Nachteilen. Und wenn wir ehrlich sind, wir, die Sie geflogen haben im Kampf, dann müssen wir sagen, Sie hat es uns nicht immer leicht gemacht. So wie Sie hier steht, geschminkt, hochgepäppelt, sauber und ausgeruht, so war Sie nicht immer. In der Zeit in der der Winter über Russland lag, oder im Frühjahr und Herbst wo wir im Schlamm und die Maschine mit uns versanken, haben wir, die auch in dieser Zeit unseren Auftrag erfüllen mussten, sehr viel tun müssen um dieses „Baby“ in die Luft zu bekommen. Aber wir haben es.

Wenn ich die jungen Piloten sehe und diese herumschauen, dann sehen Sie hier supermoderne Flugzeuge, viele von Ihnen haben sie selbst geflogen oder kennen sie wenigstens, dann können diese sich nicht vorstellen, was es damals hieß in diesen Verhältnissen, in denen wir unsere Aufgabe zu erfüllen hatten nicht nur in der Luft, sondern auch am Boden, was das für ein Gerät wie dieses hieß.

Nun gut ich sagte es ist eine Schönheit. Ich denke da weniger an das Fahrwerk. X-Beine sind auch bei einer Frau nicht das was Sie so ganz besonders schätzen. Aber sie haben immerhin dazu geführt, dass es möglich gewesen ist, wenn man Sie beherrscht hat, selbst auf Feldwegen zu starten und zu landen.

Der Raum der uns den Piloten, den Herrschern über dieses Flugzeug, vorbehalten war, war gemessen an dem was wir später zur Verfügung hatten winzig.

Aber es war die Tuchfühlung, die Tuchfühlung zu diesem Flugzeug, die uns wahrscheinlich dann die Nähe gebracht hat, die jeder von uns gespürt hat wenn er erst einmal über die Anfangsphase hinweg gekommen ist.

Da waren die Tugenden oder besser die Untugenden die dieses Flugzeug dem Anfänger zeigte, dass es ausbrach oder auch die Tatsache, dass unser Sprit, 400 Kilogramm, auf dem wir dazu auch noch saßen, gerade ausreichte für eine Stunde, eine Stunde und fünfzehn Minuten. Dann musste der Kampf abgebrochen werden und dieses „Baby“ musste wieder nach Hause gebracht werden. Und da war keine Hilfe da. Da gab es kein „Beacon“, kein Radar das uns sagen konnte wo es lang ging. Man musste sich darauf verlassen, dass die wenigen Instrumente die wir hatten auch präzise funktionierten. Und ich kann Ihnen versichern, auch gemessen an all dem was wir dann später in modernen Flugzeugen hatten, sie waren hervorragend.

Wenn das Vertrauen dann gewachsen ist, bei jungen Piloten genau so wie bei schon etwas erfahrenen, welche von anderen Flugzeugtypen kamen, hat sich etwas ergeben, dass mehr gewesen ist als die Verbindung zwischen Metall, Motor, Mensch und Angst. Ich muss nun sagen es ist heute gang and gebe den Piloten ein gewisses Maß an Angst zuzusprechen. Ich weiß es nicht. Vielleicht haben wir sie gehabt, gelegentlich. Zugegeben haben wir es nicht. Und ich muss sagen ich kenne auch keinen, der gesagt hat: „Dieser Mistbock !“. Und wenn er es gesagt hat, dann hat er es ganz leise getan. Denn so ganz sicher waren wir nicht ob dieser „Mistbock“ es vielleicht nicht doch hören konnte und uns dann gezeigt hätte was ein richtiger Mistbock ist. Meine Damen und Herren, wir die überlebt haben und dies sind nicht allzu viele, wissen, dass wir mit diesem Flugzeug ein Stück unserer Aufgabe erfüllen mussten, was aus heutiger Sicht sicher nicht großer Propaganda bedarf – es war eine Waffe. Und wenn ich sagte es ist eine Diva, so darf man nicht vergessen es musste auch schießen können. Und es konnte ! Nur musste man auch gut zielen können. Wenn ich mir die Kontrahenten anschaue die wir seiner Zeit gehabt haben, weniger die Russen, die ja auf der selben Linie waren, als die Engländer und Amerikaner. Die haben es den Piloten sehr erleichtert. Die haben acht überschwere MGs eingebaut. Man drückte darauf und irgendein Ding traf dann schon. Mit diesem Flugzeug musste man zielen. Es war ein Gerät für gute Schützen.

Sie sprachen vorher General Rall an, meinen Staffelkapitän, den ich viele Male begleitet habe und zugeschaut habe. Nur zugeschaut habe. Und ich muss Ihnen sagen, ich glaubte bis dahin fliegen zu können.

Konnte ich auch, aber im Schießen war kein Vergleich mit ihm möglich. Und das zeigt das Wesen des Flugzeuges. Man musste es ganz beherrschen. Dann war man sein Herr. Wenn nur einer dieser Faktoren nicht stimmte, dann war man gewissermaßen auf sein Wohlwollen angewiesen. Nun gut, es war ein braves Ding.

Wenn wir an das Flugzeug Me 109 denken und ich sage jetzt in diesem sachkundigen Kreise klipp und klar, dann wissen wir alle, die es geflogen haben, dass wir zu einer Zeit wo wir an einem Krieg teilnahmen mit einem Flugzeug antraten, das sicherlich aerodynamisch sehr schön war, in das wir unsere ganze Liebe und ganzes Möchten hineingesetzt haben. Das aber auf gut Deutsch, und ich sage das als Pilot der alles geflogen hat was die Luftwaffe zu meiner aktiven Zeit nach dem Kriege noch zu bieten hatte, ein Flugzeug war, das eigentlich von unserer heutigen Sicht, eine Zumutung war!

Eine Trimmung, die man mit einem Rad, wie bei einem Küstendampfer betätigen musste. Eine Landeklappe, die man nach hinten schieben musste wie verrückt, bis man dann am Anschlag war und dann musste man auch noch schauen ob die Farbmarkierungen auch richtig stimmten, selbst wenn diese  verschmutzt waren.

Eine Navigationsausrüstung, die wirklich der Standart von 1938 gewesen ist. Zu einem Zeitpunkt, wo Flugzeuge bereits in der Luft waren, auch deutsche Flugzeuge, die Focke-Wulf, und andere Flugzeuge auch in England und Kampfflugzeuge, die tatsächlich mit der Zeit mitgegangen sind.

Nur uns Jagdflieger hatte man vergessen. Nein wir hatten das beste Vertrauen, denn wir schossen ja noch ab! Also warum sollte man das ändern? Und ich sage Ihnen nicht nur heute, ich habe den Prof. Messerschmitt Jahrzehnte später als ich zusammen mit ihm am Tornado gearbeitet habe, damals gefragt, warum dies bei uns versäumt wurde.

Er sagte, er hätte uns das alles machen können. Es waren „unsere“ Leute gewesen, die wollten es nicht anders, – es musste ja alles billig sein!  – Nun gut. – Aber jetzt im Ernst.

Das Flugzeug war ein Teil unseres Seins, unseres Tuns und nicht zuletzt unseres Überlebens. Und der wesentlich wichtigere Teil war der Mensch.

Das war der „Schwarze Mann“, der zu unserer Familie gehörte! Der Pilot, die Einheit, die Familie einer Staffel mit einem Piloten der wusste, welcher Mensch, welcher Mann zu ihm gehörte und ein Flugzeug von welchem er wusste, es ist sein Flugzeug! Dieses ergab dann eine verschworene Gemeinschaft. Die getrennt wurde aus schwierigen Situationen heraus, aber immer wieder zusammengeführt wurde.

Und das erfolgreichste Team ist gewesen, wenn der Techniker, der Pilot und das Flugzeug eine Einheit gebildet haben!

Ich kann das sagen, weil in der neuen Luftwaffe, heute jeder anderen Luftwaffe, aufgrund der Technik eine Dezentrali-sierung und Zentralisierung in Sparten sein musste. Die Piloten von heute fliegen heute dieses Flugzeug mit jener Nummer und morgen ein anderes Flugzeug.

Und wer ihm das Flugzeug wartet und wer eigentlich für das Flugzeug verantwortlich ist, das muss er entziffern aus seiner Form 87, aus dem wer dahinter abgezeichnet hat, dass alles in Ordnung ist.

Es ist eine unpersönliche Art, – es ist eine effektive Art, es ist eine moderne Art. Aber ich glaube nicht, dass das was wir empfunden haben, unter den schwierigsten Verhältnissen  und nicht zuletzt  die Grundlage dessen war, – wir heute noch hier zusammenkommen. Das Verhältnis zwischen der Maschine, dem Mann im Cockpit und dem Mann an der Kurbel draußen gewesen ist !  – – –

Meine Damen und Herren. Ich habe vorhin gesagt, was uns dazu gebracht hat diese besondere Beziehung zu haben. Ich glaube auch wenn es ein bisschen arrogant klingt, erst dann wenn wir das Gefühl hatten Sie zu beherrschen, mit all Ihren Eigenschaften, Tücken und Marotten, die Sie manchmal hatte, wenn wir unseren Willen Ihr aufzwangen unseren Auftrag zu erfüllen, dann hat man dieses Gefühl entwickelt:

„Du bist ein Teil von Ihr und Sie ist ein Teil von mir“.

Und wenn wir irgendeinmal nichts mehr wissen von der Jagd der damaligen Zeit, dann werden die Geschichten um die 109 sicherlich noch eine lange Weile weiterleben. Und damit man sie mit Leben erfüllen kann und Sie auch noch Ihren Ur-Urenkeln zeigen kann, ich spreche von diesem Stück, von diesem Miststück – ich liebe es – das wünsche ich mir!

(Video – Abschrift: René Thiel und M.H.H.W.)

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